Zum Oberbayerischen Bibliothekstag 2024 empfing die Gastgebergemeinde Großmehring die ca. 50 Gäste im 2021 eröffneten neuen Rathaus, das auch die Bibliothek beheimatet.
Schon die Anfahrt offenbarte das besondere Engagement der Gemeinde und des Ersten Bürgermeisters, Rainer Stingl, für die Bücherei: Die Gäste, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln angereist waren, wurden per Shuttle-Service mit Kleinbussen aus dem kommunalen Carsharing vom Bahnhof in Ingolstadt abgeholt. Der Bürgermeister zeigte dabei persönlich vollen Einsatz als "Chauffeur".
Nach einem Begrüßungsimbiss mit Brezen und Kaffee hieß Rainer Stingl die Gäste im Sitzungssaal des Rathauses willkommen. Er erzählte von seinem eigenen Erkenntnisprozess, welche wichtige Bedeutung eine Bibliothek für eine Gemeinde wie Großmehring habe. Damit führte er zum diesjährigen Thema des OBBT hin – "Bibliotheken – kein Platz für Einsamkeit" – und legte den anwesenden kommunalen Entscheidungsträgern ihre Bibliotheken besonders ans Herz, weil Bibliotheken fähig sind, die Gesellschaft in den Kommunen zu stärken und positiv zu verändern.
Es folgten Begrüßungsworte der Bibliotheksleiterin in Großmehring, Anita Liepold, des Geschäftsführers des Bibliotheksverbands Oberbayern e.V., Olaf Eberhard, sowie der Leiterin der Landesfachstelle für das öffentliche Bibliothekswesen in Bayern, Ute Palmer.
Die darauffolgenden Vorträge belegten anschaulich, dass Bibliotheken sich längst mit dem Problem Einsamkeit auseinandersetzen und mit Hilfe von engagierten Teams Konzepte und Ideen entwickelt und umgesetzt haben. Diese nehmen in ganz unterschiedlicher Weise für Menschen aller Altersgruppen und Herkunft das Thema mit teils erstaunlichen Erfolgen in Angriff.
Im ersten Beitrag, "Menschen begegnen: Konzepte und Ideen gegen Isolation und Einsamkeit", zeigte Tina Echterdiek, Leiterin der Zentralbibliothek in Bremen, wie bei einer Umfrage (Bücher/Medien – Freundschaft – Einsamkeit) des Diakonischen Werkes Bremen in der Stadtbibliothek der Frage nachgegangen wurde, wie von Einsamkeit und Isolation betroffene Menschen besser zu erreichen seien. Daraus wurden unterschiedliche Formate entwickelt, die zum Teil auch kleineren Einrichtungen als Vorbild dienen können, zum Beispiel das Angebot von Puzzles und Bodenschach, Workshops für Geflüchtete oder das besonders nachahmenswerte BUDDY READING. Echterdiek sensibilisierte aber auch für die Anforderungen an die Bibliotheksteams: Wertschätzende Führungskultur und ein Mindset mit positivem Menschenbild, inhaltliche Aufklärung und der Ausbau von persönlichen Kompetenzen sowie kollegiale und Kundenkommunikation im Alltag bilden das Fundament, um „eine Bibliothek für Menschen und nicht für Bücher“ zu gestalten.
Nach der Mitgliederversammlung des Bibliotheksverbands Oberbayern e.V. wurde ein vielfach gelobtes geschmackvolles Mittagessen serviert. Die Mittagspause auf der Leseterrasse der Bibliothek wurde zum regen Austausch genutzt.
Der zweite Vortrag von Ilka Heissig, Leiterin der Stadtbücherei Penzberg, gewährte dann Einblicke in die "Angebote gegen Einsamkeit" der Stadtbücherei. Sie griff zunächst die veränderten Aufgaben von öffentlichen Bibliotheken (Schaffung von Aufenthaltsräumen und -qualität, Angebot von Begegnungsmöglichkeit, Ermöglichung von Teilhabe und Ansprache sowie Niedrigschwelligkeit) auf, um darauf aufbauend die Umsetzung in Büchereien allgemein zu bewerben und die Penzberger Beispiele vorzustellen. Dabei betonte sie auch die Bedeutung solcher Ausrichtung nicht nur für die Gesellschaft, sondern auch für die Bibliothek selbst.
Im dritten und abschließenden Vortrag stellte Andrea Borowski, Mitarbeiterin der Stadtbücherei Regensburg, das Format "In alter Frische", ein monatlicher Seniorentreff, und daraus im Speziellen die Veranstaltung "Speed Dating 60+" vor. Das freundschaftliche Speed Dating war anlässlich des Valentinstags geplant und durchgeführt worden und war für die rund 60 Gäste eine Einladung zum Schließen neuer Bekanntschaften – ein weiteres Beispiel für einen kreativen Weg aus der Einsamkeit.
In den an jeden Vortrag anschließenden Fragerunden und Diskussionen wurden Anreize und niedrigschwellige Angebote, personelle Herausforderungen und mögliche Kooperationspartner erörtert.
Das Fazit zum diesjährigen Oberbayerischen Bibliothekstag in Großmehring: Das Selbstverständnis von Bibliotheken als Räumen gegen Einsamkeit muss nicht mehr propagiert werden. Es bleibt dennoch die schwierige Frage, wie gerade betroffene Menschen erreicht und angesprochen werden können, für die die Bibliotheken bereits vielfältige und durchdachte Angebote schaffen. Die Möglichkeit des Austauschs war hilfreich und motivierend, der schöne Rahmen, den die Gemeinde Großmehring dafür gestaltete, trug zum Gelingen der Veranstaltung bei.
Vielen Dank allen Beteiligten für ihren Einsatz!