„Hey Süße […] Ich begleite dich nur ein Stück.” - „Nein Danke. Ich kann alleine nach Hause gehen.”
Goethes „Faust I“, die Geschichte von dem Mann, der in eine Wette zwischen Gott und Teufel gerät und dabei eine junge Frau ins Elend stürzt, wurde schon oft neu erzählt und adaptiert. So auch von Roya Soraya, deren Comic „Faust. Eine Tragödie“ 2022 erschienen ist.
Sie verlegt die bekannte Handlung in das 21. Jahrhundert: Gott ist genderfluid und nichtbinär, Mephisto sowieso, Faust ist ein Finanzguru und Margarete eine aufgeklärte Abiturientin. Ich habe beim Lesen und Betrachten gemerkt, dass Roya Soraya sich eingehend mit der Vorlage beschäftigt hat. Gleichzeitig hat sie diese gänzlich auseinandergenommen und zu ihrem eigenen Werk neu zusammengesetzt.
Die weibliche Perspektive sorgt für eine neue Lesart, die sich besonders bei der Darstellung von Margarete zeigt. Ebenso wie Faust ist sie Gegenstand von Manipulation, ihr Handeln wird von anderen beeinflusst. Doch im Gegensatz zu Faust steht sie zu den Konsequenzen ihres Handelns. Dadurch erlangt sie ihre Selbstbestimmung wieder.
Was mir besonders gefallen hat: bei der Walpurgisnacht weigert sich Roya Soraya, die von Goethe verwendeten Klischees über „lüsterne Hexen“ zu bedienen. In einem Moment, der die vierte Wand durchbricht, stellt sie stattdessen Vermutungen an, wie eine moderne Walpurgisnacht aussehen könnte.
Dieser Lesetipp erschien zuerst in der Kategorie „Medientipp” im Blog der Stadtbibliothek Erlangen.
Soyara, Roya:
Goethes Faust I neu erzählt / von Roya Soraya. - Stuttgart : Zwerchfell Verlag Dinter & Tauber GbR, [2022]. - 114 ungezählte Seiten ; 25 cm
Abweichender Titel: Faust
Art des Inhalts: Comic
ISBN 978-3-943547-63-4 Festeinband : EUR 25.00