In diesem Krimi geht es um ein Pilotprojekt bei der englischen Polizei. Dabei soll erforscht werden, wie KI am besten eingesetzt werden kann, um (Personal-)Kosten einzusparen. Der Chef, der sich bereiterklärt hat, ein Team dafür abzustellen, will vor allem beweisen, dass KI echte Polizeiarbeit nicht ersetzen kann. Deshalb setzt er auch Kat als Teamleiterin ein. Deren Mann ist nach langer Krebserkrankung gestorben; für sie ist es die ideale Stelle für den Wiedereinstieg. Dazu zwei Frischlinge – eine Frau, ein Mann – und natürlich die KI mit der zugehörigen jungen Professorin, die das Projekt ins Leben gerufen hat und alles dokumentiert. Sie wählen aus „Cold Cases“ zwei aus, die noch am erfolgversprechendsten sind. Ein Fall wurde basierend auf nüchternen Daten und Statistiken von der KI ausgewählt, ein anderer letztlich aufgrund des Bauchgefühls von Kat.
Im Buch geht vorrangig darum, was KI – heute tatsächlich schon – kann bzw. in absehbarer Zeit können wird. Manches ist sicher noch Fiktion. Aber auch da stellt sich die Frage: Wie lange noch? Es enthält einiges an eher unfreiwilliger Komik (von der Autorin wirklich brillant rübergebracht), da die KI im Umgang mit Menschen, dem ganzen zwischenmenschlichen Bereich, Sensibilität usw. noch völlig unbedarft ist. Aber nicht nur diese Ecken und Kanten, auch Fragen der Ethik und der gesetzlichen Grenzen werden gut dargestellt. Völlig ohne erhobenen Zeigefinger, ganz locker aus dem Geschehen heraus. Überhaupt sind die Charaktere hervorragend gezeichnet; es fällt schwer zu glauben, dass es sich hier um ein Erstlingswerk handelt!
Erst im weiteren Verlauf der Ermittlungen scheint plötzlich ein Zusammenhang der quasi willkürlich ausgewählten Fälle zu bestehen, doch bei der Suche nach irgendeiner Verbindung der beiden vermissten jungen Männer dreht sich das Team im Kreis. Als Kat schließlich eine Gemeinsamkeit zu erkennen glaubt, geschieht eine Tragödie, weshalb sich nicht nur ihr Chef von ihr abwendet und ihr die Leitung entzieht, auch ihr Team ist der Meinung, dass sie sich verrannt hat. Ausgerechnet hier stellt sich die KI auf ihre Seite – rein faktenbasiert.
Geht es im ersten Teil des Krimis mehr um die gesellschaftliche Auseinandersetzung mit dem Thema KI, tritt im zweiten Teil der Fall/die Fälle mehr in den Vordergrund. Das Tempo zieht an, die Spannung steigt. Die Autorin hat einen brillanten Erzählstil, die Charaktere sind messerscharf herausgearbeitet und am Ende hält man praktisch den Atem an, um nur ja nicht das hoffentlich gute Ende zu gefährden.
Dieser Medientipp erschien zuerst im Büchereiblog der Stadt- und Schulbibliothek Gunzenhausen.
Callaghan, Jo:
In the blink of an eye : Kriminalroman / Jo Callaghan ; aus dem Englischen von Sabine Thiele. - München : Piper Verlag GmbH, [2023]. - 440 Seiten ; 21 cm
Sprache: Deutsch (ger), Originalsprache: Englisch (eng)
Werk: In the blink of an eye
Beziehungen: Kat und Lock ermitteln ; 1
ISBN 978-3-492-06334-0 Broschur : EUR 17.00