Personal ist unser Kapital! Daher standen am 15. September 2021 auf dem Bayerischen Bibliothekstag in Erlangen Erfahrungsberichte zu Ausbildung und Studium im Zentrum. Dieses wichtige Thema stieß auf großes Interesse bei den Teilnehmenden und soll deswegen nochmal als separater Beitrag hervorgehoben werden.
Quereinsteiger*innen in Bibliotheken: externe FaMI-Prüfung für Bibliotheksmitarbeiter*innen
„Ja, es hat sich auf jeden Fall gelohnt.“ Und „Nein, es war kein Spaziergang.“ Darin waren sich Verena Reber von der Gemeindebibliothek Unterföhring und Carola Böhl aus der Bibliothek des Deutschen Museums München einig, wie Doris Schneider, Leiterin der Bibliothek der Technischen Hochschule Ingolstadt, in ihrer Moderation herausarbeitete.
Beide haben als Externe an der Abschlussprüfung im Ausbildungsberuf Fachangestellte für Medien- und Informationsdienste, Fachrichtung Bibliothek, teilgenommen und damit einen formalisierten Berufsabschluss erworben, ohne die reguläre dreijährige Ausbildungszeit durchlaufen zu haben. Voraussetzung war eine einschlägige Berufserfahrung über reine Hilfstätigkeiten hinaus, die mindestens die eineinhalbfache Dauer der normalen Ausbildungszeit umfasst. Die Zeit der Vorbereitung war herausfordernd. Beide mussten wieder lernen, intensiv und vor allem selbstorganisiert zu lernen, sich strukturieren, motivieren, Tiefpunkte meistern, ihre Lernzeit zwischen Beruf, Familie und Freizeit jonglieren. Nachahmern empfehlen sie, Kontakt zu einem Azubi zum parallelen Mitlernen aufzubauen, auf jeden Fall an der nicht vorgeschriebenen Zwischenprüfung teilzunehmen und auf keinen Fall den Zeitaufwand zu unterschätzen.
Seit 2011 haben in Bayern sieben Frauen und zwei Männer als externe Teilnehmende die Abschlussprüfung erfolgreich abgeschlossen. Für die Kolleg*innen haben sich mit dem formalisierten Berufsabschluss neue Chancen der beruflichen Entwicklung eröffnet. Arbeitgeber können über die Nachqualifizierung Fachkräfte aus den eigenen Reihen entwickeln. Eine interessante Perspektive angesichts der zunehmend schwieriger werdenden Fachkräftegewinnung!
Berufsbegleitendes Studium (Erfahrungsberichte):
Für einen informativen Erfahrungsaustausch zum berufsbegleitenden Studium kamen im zweiten Block des Themenkreises „Ausbildung und Studium mit Zukunft“ Marco Becker (Bayerische Staatsbibliothek), Sonja Emmer (Stadtbibliothek Straubing) und Anne-Kathrin Wallmann (Volksbücherei Fürth) zusammen. Während Marco Becker (Studium Hannover, Master an der Humboldt Universität zu Berlin) und Sonja Emmer (Fernweiterbildung an der FH Potsdam) bereits vor einiger Zeit ihr Studium beendeten, befindet sich Anne-Kathrin Wallmann (Studium Hannover) derzeit im 5. Semester - somit gab es auf dem Podium ein breites Spektrum an Perspektiven aus den beiden Hochschulen, von Absolventen und auch direkt aus der aktuellen Studienerfahrung.
In der regen Unterhaltung, moderiert von Christina Röschlein (Leiterin der Volksbücherei Fürth), zeigten sich im direkten Vergleich diverse Unterschiede der verschiedenen Weiterbildungsformate. Während Hannover mehr dem klassischen Studium mit Präsenzvorlesungen, Regelstudienzeit und Studierendenstatus gleicht, baut Potsdam auf eine stärker modularisierte Form, bei der die Inhalte überwiegend online vermittelt werden und die Teilnehmenden sich erst im Rahmen der Bachelorarbeit in der Hochschule einschreiben. Trotz aller Unterschiede waren sich die Diskussionsteilnehmer*innen vor allem in folgendem einig: Das berufsbegleitende Studium ist sowohl fachlich als auch für den eigenen Erfahrungshorizont eine absolute Bereicherung, allerdings auch eine Herausforderung für alle, die sich für diese Art der Weiterbildung entscheiden sowie für ihr Umfeld.
Kurz vor dem Erfahrungsaustausch auf dem Bayerischen Bibliothekstag wurde bekannt, dass an der FH Potsdam in diesem Jahr kein neuer Fernweiterbildungskurs starten wird und auch grundsätzlich über eine Neuausrichtung des bisherigen Weiterbildungsangebots nachgedacht wird (vgl. Internetauftritt der Fernweiterbildung an der FH Potsdam).
Verschiedene Wege, dasselbe Ziel: Bibliothekswissenschaftliches Masterstudium und Bibliotheksakademie Bayern im Vergleich
Mit Dr. Julia Knödler (ULB Sachsen-Anhalt) und Dr. Martin Völkl (Universitätsbibliothek Augsburg) waren zwei Absolventen des Studiums an der Humboldt Universität zu Berlin (Knödler) sowie des Referendariats an der Bayerischen Bibliotheksakademie in München (Völkl) auf dem Podium zu finden. Dr. Knödler und Dr. Völkl berichteten über ihren Studienweg und arbeiteten zusammen mit dem Moderator, Dr. Bernhard Lübbers (Direktor der Staatlichen Bibliothek Regensburg), die Vorzüge der jeweiligen Ausbildungsinstitution heraus. Deutlich wurde dabei, dass beide Wege auf die Berufspraxis sehr gut vorbereiten. Die Stärken der theoretischen Referendarsausbildung in München lägen insbesondere auf der starken Orientierung an der Praxis: Etwa 70 nebenamtliche Dozent*innen würden an der Bayerischen Bibliotheksakademie in München direkt aus ihrem jeweiligen Berufsalltag heraus ihren Unterricht gestalten. Der forschungsorientiertere Master in Library and Information Science (MALIS) der HU Berlin habe demgegenüber den Vorteil, dass er berufsbegleitend erworben werden könne und auch international durchaus mit anderen Masterabschlüssen vergleichbar sei.
Als Fazit konnte festgehalten werden, dass beide ihr Studium jederzeit so wiederholen würden. Die anschließende, sehr engagiert mit dem Publikum geführte Diskussion zeigte aber auch, dass es bei beiden Studienformen in bestimmten Bereichen durchaus noch Verbesserungsbedarf gibt. Das Motto, das bereits auf dem 88. Bibliothekartag 1998 in Frankfurt a.M. Verwendung fand: „Nur was sich ändert, bleibt“, kann somit auch hier zur Anwendung gebracht werden.
Weitere Informationen:
Bayerischer Bibliothekstag in Erlangen 2021 (OeBiB.de)
Website zum Bayerischen Bibliothekstag