Stadtaktion "Würzburg liest ein Buch" – auch Bibliotheken aus der Region lasen mit

Der vergessene Autor Max Mohr sollte mit seinem Werk ins Bewusstsein der Bürger*innen in Stadt und Region gebracht werden.

Würzburg liest ein Buch: Frau ohne Reue von Max Mohr / © Weidle

Würzburg liest ein Buch: Frau ohne Reue von Max Mohr / © Weidle

Die Arbeitsgemeinschaft „Würzburg liest ein Buch“ hatte sich 2020/21 zum Ziel gesetzt, den vergessenen Autor Max Mohr und sein Werk bei den Bürger*innen in Stadt und Region wieder in Erinnerung zu rufen. Der Schriftsteller zählt mit fünf Romanen und zwölf Theaterstücken zu den erfolgreichen Autoren der Weimarer Republik. Der 1933 im S. Fischer-Verlag erschienene Roman „Frau ohne Reue“ stand bei der diesjährigen Würzburger Stadtleseaktion im Fokus.
Schirmherren waren der Oberbürgermeister Christian Schuchardt und Dr. Josef Schuster, Vorsitzender der jüdischen Gemeinde Würzburg und Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland.

Nach drei erfolgreichen Stadtleseaktionen, zuletzt  2018 "Jehuda Amichai: Nicht von jetzt, nicht von hier", war die vierte Runde ursprünglich im Frühjahr 2020 geplant und musste bedingt durch die Pandemie ausfallen. Nachdem sich die Corona-Situation im Sommer 2021 wieder etwas entspannt hatte, konnte das Würzburger Lese-Event schließlich von Donnerstag, 15. bis Sonntag, den 25. Juli unter den geltenden Hygieneauflagen (Anmeldung, Personenbeschränkung, Abstand, Maske etc.) stattfinden. Zahlreiche weitere Termine ergänzten die Hauptaktionswoche.

Zum Inhalt des Romans: Lina Gade entflieht ihrem bürgerlichen Dasein als Mutter und Ehefrau in der Großstadt Berlin und reist auf der Suche nach Liebe, Freiheit und Selbstständigkeit mit ihrem Geliebten Paul Fenn einmal um die Welt nach Shanghai und landet schließlich auf einem abgelegenen Bergbauernhof in den Alpen. Max Mohr bildet in seinem leicht und flüssig zu lesenden „Unterhaltungs-, Liebes- wie Gesellschaftsroman mit kriminalistischen Elementen“ den Zeitgeist im Jahr 1933 ab und würzt den Inhalt mit Ironie, Poesie und Spannung.

Max Mohr wurde am 17. Oktober 1891 als Sohn des jüdischen Malzfabrikanten Leon Mohr in Würzburg geboren. Er galt als unruhiger Geist und Abenteurer, war Arzt und Schriftsteller zugleich und hielt sich in München, Berlin und Wolfsgrub bei Rottach am Tegernsee auf. Als Jude, wenn auch religionsfern, sah Mohr 1934 im Nazideutschland keine Möglichkeit mehr, erfolgreich schriftstellerisch tätig zu sein. Er emigrierte nach Shanghai, das später zum Refugium für Flüchtlinge aus seiner Heimat wurde und arbeitete dort als Arzt. Frau und Tochter blieben in Wolfsgrub zurück, fast 200 Briefe schrieb Max Mohr aus dem Exil an die Familie. Der Schriftsteller starb 1937 in Shanghai im Alter von 46 Jahren an einem Herzinfarkt. Im selben Jahr wurden seine Bücher in Deutschland verboten.

In zahlreichen kreativen, ganz unterschiedlichen Aktionen, die sich mit Leben und Werk des Autors, dessen Korrespondenzen sowie zeithistorischen Bezügen befassten, wurde Max Mohr wieder lebendig.  Vorgelesen wurde natürlich aus dem zentralen Werk „Frau ohne Reue“, wobei als Rezitator*innen lokale Persönlichkeiten, Schauspieler*innen oder Menschen mit Spaß daran im Einsatz waren. Im Rahmen einer Reader's Corner wurde der komplette Roman an acht Mittags-Terminen gelesen. Bei einigen Veranstaltungen wurde der Vortrag mit Musik untermalt. Auch Ausstellungen, Kino-Vorführungen und Schreibaktionen standen auf dem Programm.
Hervorhebenswert waren neben verschiedenen Kultur- und Bildungseinrichtungen die zum Teil außergewöhnlichen Veranstaltungsorte aus dem ganzen Stadtgebiet, z.B. die Sternwarte, der Park der Umweltstation, eine Flughalle, der jüdische Friedhof, das Haus einer Studentenverbindung.

Auch Bibliotheken in der Region beteiligten sich an der Stadtaktion. Die Bücherei im Bahnhof Veitshöchheim und Bibliothek Markt Höchberg hatten beide den Schauspieler Rainer Appel eingeladen.
In Höchberg - Max Mohrs Großeltern und Urgroßeltern stammten von dort - stellte Appel Max Mohrs Roman in einer einstündigen Textzusammenstellung vor. Die Lesung war als Gelegenheit gedacht, Mohrs Schreibstil sowie einige Hauptfiguren der Handlung kennenzulernen.
In Veitshöchheim fand die Lesung im atmosphärischen Garten der Bücherei im Bahnhof statt und regte die Zuhörer*innen an, Parallelen zwischen der Zeit des Aufbruchs zum Ende der Weimarer Republik und der Jetztzeit zu suchen.

In Karlstadt hatten sich die Stadtbibliothek und der Förderkreis ehemalige Synagoge Laudenbach zusammengefunden, um eine szenische Lesung mit Musik zum Roman „Frau ohne Reue“ gemeinsam mit Schüler*innen des Johann-Schöner-Gymnasiums zu organisieren.

Weitere Informationen:
Website „Würzburg liest ein Buch“
 

 

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